Die Jahresrechnung der Stadt Spaichingen für das Jahr 2017 sorgte im Gemeinderat für eine positive Überraschung. Doch am meisten überrascht dürfte wohl die Stadtverwaltung selbst gewesen sein. Diese ließ im September 2017, nachdem also ca. 70 % des Geschäftsjahres bereits abgearbeitet waren, einen Nachtragshaushalt beschließen, welcher von einer Zuführung vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt – das ist quasi der Überschuss aus dem laufenden Geschäftsjahr – von ca. 2,8 Mio. € prognostizierte. Zum Jahresende 2017 wurde nun ein Überschuss von mehr als 6 Mio. € festgestellt. Der Gewinn ist also von der Prognose September 2017 in knapp 4 Monaten um mehr als 110 % gestiegen.
Im Vermögenshaushalt wurde aus der geplanten Entnahme aus den Rücklagen der Stadt in Höhe von 3,5 Mio. € eine Zuführung zu den Rücklagen von 3,4 Mio. €. Sieht wohl so aus, als hätte sich die Stadtverwaltung im Zeitraum von 4 Monaten um „schlappe“ 7 Mio. € verschätzt – glücklicherweise zu Gunsten der Stadt. So wurde aus dem prognostizierten Guthaben der Stadt zum Jahresende von weniger als 3,5 Mio. € „plötzlich“ ein Guthaben von mehr als 10,4 Mio. € !!
Alles in Allem natürlich eine höchst erfreuliche Wendung. Aber wir müssen uns schon fragen : Kann man den vorgelegten Zahlen der Stadt eigentlich noch trauen ? Auf Basis des Nachtragshaushalts mit einem geplanten Anfangsbestand an Rücklagen von 3,5 Mio. € wurde eine benötigte Kreditaufnahme von 5,5 Mio. € prognostiziert, und in den Haushalt 2018 eingerechnet. Diese Kreditaufnahme hat sich nun durch die Vorlage der Jahresrechnung 2017 komplett in Luft aufgelöst. Im Jahr 2018 wird die Stadt keine neuen Kredite benötigen.
Und auf Basis der Prognose 2017 wurde auch der Haushalt 2018 sehr moderat geplant, und viele geplante Investitionen verschoben. Im Oktober 2017 hat die Stadtverwaltung mitgeteilt : „Die Investitionsausgaben der Stadt müssen in 2018 gegenüber der Planung um mindestens 2 Mio. Euro reduziert werden, um in Zukunft einer geordneten Aufgabenerfüllung nachkommen zu können. Es ist völlig unvertretbar, den Rücklagenbestand in 2018 komplett aufzubrauchen. Vor diesem Hintergrund ist der Gemeinderat beraten, gerade in den kommenden Haushaltsjahren Investitionsvorhaben ‚zu schieben‘.“
Am Ende des Jahres 2017 steht die Stadt nun mit einer Rekord-Rücklage von 10,4 Mio.€ – so viel wie noch nie zuvor – da. Saldiert ist die Stadt bei einem Kreditvolumen von unter 5 Mio. € quasi schuldenfrei.
Allerdings tragen bei uns diese gravierenden Fehlprognosen im Vorfeld des Jahresabschlusses bestimmt nicht dazu bei, das ohnehin schon ramponierte Vertrauen in die Aussagen der Stadtverwaltung zu verbessern. Schon im Januar 2018 hatte die Fraktion Po Spaichingen bei der Bergsitzung in der Debatte um den Haushalt 2018 erklärt : „Trotzdem sind wir zuversichtlich, dass die Stadt bis zum Ende des Jahres ohne Kreditaufnahme auskommen kann, weil sich Haushaltsreste oder Überschüsse aus dem Jahr 2017 in Millionenhöhe ergeben werden… Dies sind allerdings alles Faktoren, welche zwangsläufig eintreten werden. Falls wir also tatsächlich um eine Kreditaufnahme herumkommen sollten, dürfte dies nicht Ausfluss eines ‚guten Wirtschaftens‘ der Stadt sein, sondern vielmehr an unrealistischen Haushaltsansätzen liegen.“ Diese Aussage wurde damals von der Stadtverwaltung als unseriös abgetan.
Für uns stellt sich auch die Frage, seit wann die Stadtverwaltung wusste, dass für 2018 keine Kreditaufnahme nötig sein wird, bzw. seit wann diese Information dem Gemeinderat vorenthalten wurde. In jedem ordentlich geführten Betrieb sollte spätestens zum 31.03. absehbar sein, in welche Richtung der Jahresabschluss 2017 geht. Eine Information des Gemeinderats ist bislang ausgeblieben. Es bleibt dabei : Für uns hat die Stadtverwaltung, höflich formuliert, ein äußerst stiefmütterliches Verhältnis in puncto Information und Transparenz gegenüber dem Gemeinderat.